Broschüre zum konventionellen Energiepflanzenanbau - Durchblick oder Beschwichtigung?

Veröffentlicht: 28.01.2011

Der konventionelle Energiepflanzenanbau steht von verschiedenen Seiten aus zunehmend unter Kritik. Nicht alle Punkte davon mögen immer berechtigt sein. Der Umgang der Bundesregierung (vertreten durch BMELV und FNR) mit der Problematik, nämlich Relativierung aller Fragen und volle Verteidigung der derzeitigen landwirtschaftlichen Praxis, ist deutlich in der Broschüre "Der volle Durchblick in Sachen Energiepflanzen" (hier als Download bei www. unendlich-viel-energie.de) zu erkennen. Es werden verschiedene "Vorurteile" aufgegriffen und mit - nach Meinung von Lupulo teilweise absurden - Argumenten widerlegt. Einige Beispiele:

  • Energiepflanzen verdrängen keine Nahrungsmittel, da in Deutschland ein Überangebot an Nahrungsmitteln besteht und sich das durch zunehmende Erträge und Flächenproduktivität in Zukunft auch nicht ändert. Hier wird völlig außer Acht gelassen, dass der hier angesprochenen Industrialisierung der Landwirtschaft viele Probleme innewohnen, die auf dieser Seite bereits an anderen Stellen besprochen werden (Bodenauszehrung, Verdichtung, Krankheitsanfälligkeit, Abhängigkeiten usw.). Die stetig steigenden Ackerpreise in Deutschland zeigen zudem, dass von einem Überangebot bereits heute keinesfalls die Rede sein kann. Würde mehr Fläche ökologisch bewirtschaftet, was aufgrund der Klimabilanz und der Nachhaltigkeit sinnvoll wäre, so würde sich der Flächenbedarf für Nahrungsmittel noch deutlich erhöhen.
  • Biogasanlagen fördern keine Monokulturen, sondern können mit einer großen Vielfalt an Eingangsstoffen arbeiten. Diesem Standpunkt wird bereits unten im Beitrag begegnet. Eine entgegengesetzte Darstellung von anderer Seite (NABU) ist beispielsweise hier zu lesen.
  • Die steigenden Lebensmittelpreise haben viele Gründe, Bioenergie taugt nicht zum Sündenbock. Zweifelsohne ist die Suche nach einem alleinigen Sündenbock nicht zielführend. Allerdings kann die steigende Nachfrage gerade im Bereich der Biokraftstoffe zu deutlichen Preissteigerungen führen. In Bob Hopkins Energiewende-Handbuch (bei Zweitausendeins) ist diese Problematik beispielsweise für Mais aus Mexiko aufgrund von Bioethanol-Fabriken in den USA beschrieben.

Diese Liste ließe sich beim Lesen der Broschüre noch lange fortsetzen. Nicht verschwiegen werden soll, dass viele interessante Informationen und Grafiken, etwa die Energiepflanzen-Steckbriefe am Ende, enthalten sind. Dennoch wird statt einem echten "Durchblick" mit dazugehöriger kritischer Betrachtungsweise vermittelt, alles sei genau so richtig, wie es aktuell ist. Nach Meinung von Lupulo ist das nicht der richtige Weg, das gewaltige Potenzial von Energie aus Biomasse verantwortungsvoll und nachhaltig zu nutzen.

Ähnliche Standpunkte werden auch auf den Seiten der von verschiedenen Bundesministerien betriebenen Agentur für Erneuerbare Energien AEE (Link zum Artikel "Verursacht Biogas Monokulturen") vertreten. Im Artikel wird betont, dass Biogasanlagen durchaus mit einer Vielzahl an Substraten arbeiten können und dass allein die Vernunft der Landwirte dazu führt, dass die Flächen ordentlich bewirtschaftet werden. Wörtlich heißt es:

"Die Kulturlandschaft wird durch die Nutzung von Biogas somit nicht grundlegend verändert. Die aufgeführten rechtlichen Bestimmungen und die notwendige Fruchtfolge verbieten den dauerhaften Anbau derselben Kulturpflanzensorte. Bereits aus eigenem ökonomischem und ökologischem Interesse heraus würde ein Landwirt sein kostbarstes Gut – einen ertragsstarken Boden – nicht durch unsachgemäße Bewirtschaftung gefährden."

Das dieser - an sich logische - Sachverhalt nicht erfüllt ist, zeigt sich in allen Bereichen der konventionellen Landwirtschaft. Häufig steht kurzfristiger wirtschaftlicher Erfolg über langfristigen Zielen. Speziell bezüglich Biogas wird nicht wird auf die Problematik eingegangen, dass der Betrieb einer großmaßstäblichen Biogasanlage häufig die Versorgung mit möglichst homogenen Biomasseströmen in großem Umfang erfordert. Wechsel in der Substratzusammensetzung wirken sich fast immer nachteilig auf das Betriebsverhalten aus. Zudem stehen die Investitoren (seien es die Landwirte oder weitere Personen) einer Anlage oft unter erheblichem wirtschaftlichen Erfolgsdruck, um die Kredite zurückzahlen zu können. Das Ergebnis sind dann doch oft Agrarwüsten aus Mais um große Biogasanlagen herum, wie sie etwa in Brandenburg bereits jetzt zu sehen sind.